Christoph Tannert, 2008:
Bei Claus Lindner ist es die menschliche Figur, sind es ebenso weiblich weiche wie muskulöse, athletische Körper, die als Stehende, Kniende Liegende, Sitzende, Tanzende oder als Torsi, in Bronze, Styropor und Gips den Stoff des Seins präsentieren, folgenreich bis in die abstrahierenden Ausflüge Form wahrend. Im plastischen Werk von Claus Lindner gibt es rhythmische, ja musikalisch durchgearbeitete Figuren, zuweilen verführerisch manieristisch in die Höhe gedreht. Andererseits sehen wir kubistische Verblockungen, Wegmarkierungen einer dem Leben Paroli bietenden Position. Lindners „Kleine Pietà“ steht für eine existentialistische Blickweise. Mal arbeitet Lindner verknappt, dann lässt er Materie einfach aufquellen. Die Bildhauerei ist für ihn ein weites Feld, auf dem er in die verschiedensten Himmelsrichtungen ausschwärmt.
Claus Lindners gezeichnete Akte entstehen frei und nicht etwa als Vorzeichnungen für seine Plastiken. Wie er in der Zeichnung Spannungsbögen und Kraftherde schafft, mit welcher Leichtigkeit, mit welchem lyrischen Schwung – das hat einen geradezu poetischen Vollendungsgrad. Im Einsatz sparsamster Mittel, fast kalligrafisch, lässt er die Linie schwingen, Weiblichkeit ertasten, Gefühlssammelstellen bildend und stattet sie dabei mit einer inneren Stabilität aus, dass sie den Risiken ihres Umfeldes und unseres Weltzustandes mühelos zu widerstehen vermag.
Was als Holzschnitt einigermaßen hart und unverformbar aussieht, ist im Kern trotzige Formsicherheit und druckunterstütztes Ganzseinkönnen, insofern die Fortschreibung einer von Ich-Bewusstheit beschirmten Lebenseinheit.


Aus: Eröffnungsrede zur Ausstellug in der Galerie S , Schleswig, 2004, von Michael Stitz, sh:z, Flenburg
... Lindner modelliert die Einsamkeit, gibt ihr Ausdruck durch die Haltung der Figuren. Die Bewegung seiner spannungsreichen Skulpturen sind Veräußerungen von Gemütszuständen.
Das Vokabular des Körpers, sein Wuchs, seine Architektur sind beredte Form, sind Hülle und Gefäß für die Botschaften der Seele. (...)
Die Zeichnungen sind keine Entwürfe für neue Skulpturen, sie sind eigenständige Blätter zum Thema Körper. Der ebenso präzise wie entschlossene Strich mit Kohle, Feder, Faserstift oder Radiernadel, der bei Lindners Blättern sofort ina Auge fällt, zeigt zeigt nicht nur den Könner, den technisch versierten Zeichner – die Arbeiten lassen auch deutlich den Bildhauer erkenne, der den Körper als Raum sieht und als von Raum umgeben, von Raum begrenzt. (...)


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